Samstag, 17. Oktober 2009

Zulehner - Padgogium V'bruck

Leidfreies Glück. Er skizzierte zunächst das Lebensgefühl der modernen Menschen: „Wir Heutigen wollen mehrheitlich optimal leidfreies Glück und das in 90 Jahren. Schauplätze des Glücks sind Liebe, Arbeit und Amüsement. Wir wollen alles und das sofort.“ Doch ein solches „Leben als letzte Gelegenheit“ (Marianne Gronemeyer) ist hastig, überfordernd, voller Angst zu kurz zu kommen und entsolidarisierend. Nicht wenige suchen daher DAS Weite, sie flüchten in ein schönes gespieltes (TV-)Leben. Oder sie dunkeln ab mit Drogen oder Alkohol. Manche schlagen zusammen, was ihnen viel verspricht, aber wenig hält. Andere werden krank. Religiöse Sonderwelten ohne die lästige Last der Freiheit bieten sich ebenfalls an. Angst und eng werden der Welt können sogar im Selbstmord enden.

DIE Weite suchen. Statt DAS Weite suchen andere lieber DIE Weite. „Damit hängt der Megatrend der Respiritualisierung zusammen“, so Zulehner. In der weltanschaulichen Landschaft dominieren das christliche und das atheisierende Feld. Zwischen diesen Polen tut sich ein weites Feld der Spiritualität auf: „Es taucht nicht nur im Herzen des Menschen auf, sie finden es auf dem Markt, auf dem Feld der Gewalt, im Umkreis der Suche nach Wellness und als Wunsch nach Verwandlung.“
Ariane Martin hat untersucht, was diese Menschen suchen („Sehnsucht - der Anfang von allem. Dimensionen zeitgenössischer Spiritualität“, 2005). Zum Bereich Verwandlung gehört die Reise ins Ich, die auch zu Gott führen kann, wenn ER selber nach der Schilderung von Theresia von Avila „in der Seelenburg die innerste, die achte Wohnung öffnet“. Weitere Dimensionen der Verwandlung sind Verzauberung, Heilung – noch ein Megatrend –, Festigkeit, Gemeinschaft, Reise in die Weite und Weltverhältnis. Aufgabe der Kirche ist dabei eine empathische Spiritualitätskritik, die zentrale Frage lautet: „Der Weg, den du gehst, bzw. deine Gruppe, führt er dich auf dem Weg deiner Sehnsucht wirklich weiter?“

Spirituell stärker werden. Um das zu erreichen braucht die Kirche spirituelle Zentren und Pilgerschaften, christliche Gurus (geistliche Väter) und ihre mutigen Schüler. Vor allem tut die Kraft der Wandlung in der Eucharistiefeier not: „Da begeben wir uns in Gottesgefahr. Weil es riskant ist sich einzulassen in die Wandlung durch den in der Liturgie herabgerufenen Heiligen Geist.“ Die Schwäche der Kirche heute vermutet Prof. Zulehner darin, „dass wir insgeheim sagen ,Gott, verwandle die Gaben, aber bitte uns lass in Ruhe!’, dass keine Wandlung droht, dass wir unverändert hinausgehen.“ Hinausgehen sollten wir aber als Fußwascher, weil Abendmahl und Fußwaschung untrennbar zusammengehören. Werden sie getrennt, führt das zu unchristlicher Wellnessspiritualität. Gewandelte Gottesdienstbesucher, also echte Fußwascher sind an vier Qualitäten zu erkennen: Mit offenen Augen schauen sie hin, wo andere wegsehen; mit wachem Verstand analysieren sie, was es zu verbessern gilt und wie; ihr mitfühlendes Herz macht sie barmherzig und ihre engagierten Hände packen zu, wo sie können

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