Samstag, 28. November 2009

Commentarius de daniele VII

m zweiten Teil des 7. Kapitels (V. 15-27) wird die vorausgehende Vision gedeutet - so gedeutet, wie es der apokalyptischen Redeweise entspricht. Dass die vier Tiere, die aus dem Meer heraussteigen, die vier Weltreiche, das heißt die gegenwärtige Weltgeschichte bedeuten, ist ohne weiteres klar. Sie haben ihre Zeit und nehmen ein Ende. Aber was kommt danach? Wer kommt danach? Die Antwort der Verse 13-14 lautet: der Menschensohn. Aber wer ist dieser Menschensohn? Die Frage ist deshalb wichtig, weil nach den drei ersten Evangelien Jesus sich selbst als den „Menschensohn“ bezeichnet hat. In Dan 7,13 scheint es eine Person zu sein, ein Mensch, dem ewige Herrschaft über alle Völker verliehen wird. Dasselbe wird aber in 7,27 vom „Volk der Heiligen des Höchsten“ gesagt: ihm wird ein ewiges Königtum verliehen. Damit kann im Zusammenhang nur das Volk Israel gemeint sein, das heißt, der Teil des Volkes, der in der Religionsverfolgung der Makkabäerzeit treu zum Gesetz Gottes steht: der Rest, von dem schon die alten Propheten gesprochen haben. Dieses „Volk der Heiligen“ wird in die Nähe Gottes erhöht. Für unser heutiges Denken ist es schwer vorstellbar, dass eine Gestalt zugleich als Volk und als Einzelperson zu denken ist; wir haben hier die gleiche Schwierigkeit wie bei der Gestalt des Gottesknechts im Buch Jesaja. Wenn Jesus sich als den Menschensohn versteht, sagt er damit auch, dass er in sich den Rest Israels verkörpert und dass mit seiner Erhöhung die Geschichte des neuen Gottesvolkes beginnnt.

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