Das Vaterunser erscheint im NT in zwei leicht verschiedenen Versionen, je einmal im Matthäusevangelium (Mt 6,9–13 EU) und im Lukasevangelium (Lk 11,2ff EU). Sie werden beide als „Lehre“ (griech. didaskale, hebr. tora) Jesu eingeführt, ihr Wortlaut wird also direkt auf ihn selbst zurückgeführt.
Beide Fassungen stellen das Vaterunser in einen Zusammenhang mit anderen damaligen Gebetstraditionen des Judentums wie der nichtjüdischen Umwelt. Sie beginnen mit der Anrede Gottes als Vater im Himmel und lassen darauf zwei unterschiedliche Reihen folgen: Satz 2–4 (Dein...) sind auf Gott, seinen Eigennamen und Eigenwillen bezogen, Satz 5–7 (Unser...) bitten nachgeordnet um die täglichen Grundbedürfnisse für das Kollektiv der Nachfolger bzw. der Gemeinde Jesu Christi. Diese sind ihrerseits nochmals in leibliche (Brot) und geistliche (Vergebung, Erlösung) Gaben unterteilt. So sind auch diese auf das für das Menschsein Notwendige bezogenen Bitten nicht individuell formuliert, sondern stehen im Rahmen dessen, was von Gott für die ganze Welt und alle Menschen (wie im Himmel, so auf Erden) erhofft und erbeten wird.
Matthäusevangelium [Bearbeiten]
Die bekanntere, dem heutigen liturgischem Gebrauch zugrundeliegende Version richtet sich nach dem Text des Matthäusevangeliums. Sie steht in der Bergpredigt, die als Lehre Jesu gegenüber allen Angehörigen des Gottesvolks Israel und allen seinen Nachfolgern seinem heilvollen Handeln vorangestellt ist (Mt 5,1f EU). Dort konkretisiert das Zitat des Vaterunsers Jesu Lehre vom Beten (Mt 6,5–15). Das Beten der Nachfolger soll sich von einer öffentlichen, wortreichen, auf Außenwirkung bedachten Art des Betens bei Pharisäern und Heiden unterscheiden. Seine Basis ist die allem Beten vorlaufende Zusage (v. 8):
Euer Vater weiß, was ihr braucht, ehe ihr darum bittet.
Darauf folgt die Aufforderung (v. 9a):
Darum sollt ihr so beten: ...
Nur die matthäische Version beschließt die Bittenreihe mit einer Doxologie („Lobpreis, lobendes, rühmendes Wort“), die auf die Anfangsbitte um das Kommen des Reiches Gottes zurückkommt und die vorausgegangene Zusage Gottes im Munde Jesu gleichsam appellativ an Gott zurückgibt: „Denn dein ist das Reich…“ Dieser Schluss ist in den ältesten Handschriften nicht überliefert.
Lukasevangelium [Bearbeiten]
Der Lukastext unterscheidet sich nur im Bereich der zweiten Bittenreihe von der matthäischen Fassung:
Gib uns unser tägliches Brot immerdar.
Sonntag, 20. Dezember 2009
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