Tedeschi – Opus-Dei-nahe und Vater von fünf Kindern – hat vor Kurzem ein Buch unter dem Titel „Geld und Himmel“ veröffentlicht, das unter anderem zum Schluss kommt, Wohlstand schließe den Einlass ins Paradies nicht a priori aus. Den wahren Grund der Weltwirtschaftskrise sieht er nicht im Versagen des Finanzsystems, sondern im Geburtenrückgang. Und für den nächsten Wirtschaftsnobelpreis schlägt er Benedikt XVI. vor – als Anerkennung für seine Sozialenzyklika.
Also anscheinend der richtige Mann für die schwierige Mission, der Vatikanbank wieder das zu verleihen, was der Heilige Stuhl unter Glaubwürdigkeit versteht. Dass nun auch Tedeschi unter Geldwäscheverdacht geraten ist, sei ein „schwerer Schlag“, sagt der Vatikanexperte des Wochenmagazins „L’Espresso“, Sandro Magister.
„Man wirft uns Ungeheuerliches vor, aber dabei handelt es sich nur um hausinterne Finanzbuchungen“, beteuerte vergangene Woche der IOR-Aufsichtsratschef verbittert. Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone – übrigens Autor des Vorworts von Tedeschis Buch „Geld und Himmel“ – sprach von „Diffamierung“. Und hinter den Kolonnaden raunten die Kleriker, die Ermittlungen seien auf eine gezielte Attacke der italienischen Freimaurerei zurückzuführen.
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Die 23 Millionen Euro, die sie als verdächtig beschlagnahmte, kamen von einem Bankkonto, das die Finanz bereits im vergangenen April gesperrt hatte. Grund: Das IOR war 90 Tage lang der Aufforderung nicht nachgekommen, konkrete Auskünfte über die Herkunft des Gelds zu geben. Als die Kleriker nun dennoch darauf zugreifen wollten, schritten die Behörden ein.
Verflüssigt. Die Vorgangsweise signalisiert, dass die Italiener bei der Bekämpfung der Geldwäsche päpstlicher sein wollen als der Papst – und nicht mehr gewillt sind, den Klerikern alles durchgehen zu lassen, bloß weil sich diese hinter der Souveränität ihres Gottesstaats verschanzen.
Nach einer Schrecksekunde besann sich der Vatikanstaat vergangene Woche aber genau auf das: seinen Status als „Offshore-Finanzplatz, der sich jeglicher Kontrolle entzieht“ (Gianluigi Nuzzi). Die Zeitung „Osservatore Romano“ erinnerte die ermittelnden Untersuchungsrichter in einem Artikel daran, dass das IOR außerhalb des Einflussbereichs der italienischen Behörden stehe – Geldwäscheabkommen hin oder her.
„Die Behörden seiner Heiligkeit haben in der Vergangenheit nie mit ihren italienischen Kollegen zusammengearbeitet, um mögliche Delikte aufzudecken oder als üble Nachrede zu entlarven“, sagt Vatikanexperte Ferruccio Pinotti. „Es wäre also ein wahres Wunder, verhielte man sich im Fall Tedeschi anders.“
Oder auch im Fall des nach Neapel abgeschobenen Erzbischofs Crescenzio Sepe, der in den Jahren 2001 bis 2006 seine umfassenden Befugnisse als Leiter der Propaganda Fide sehr kreativ ausgelegt hatte. Sepe habe aus dem Amt für Weltmission „ein Immobilienunternehmen der besonderen Art“ gemacht, sagt der Journalist und Buchautor Andrea Gagliarducci.
Gemeinsam mit einem Bauunternehmer und einem päpstlichen Kammerherrn soll Sepe Tausende Wohnungen aus päpstlichem Besitz vermietet oder verkauft haben – in vielen Fällen gegen Schmiergeld. Sepe dementierte das unter Verweis auf die vatikaninterne Finanzkontrolle, die nie etwas beanstandet habe.
„Damit sagt Sepe nichts anderes, als dass er auspacken wird, sollte man ihn fallen lassen“, analysiert Vatikanexperte Ferruccio Pinotti (siehe Interview). Und tatsächlich: Wenig später sprach ihm der Vatikan „Solidarität“ und „Vertrauen“ aus. „Vollstes Vertrauen“ signalisierte der Heilige Stuhl übrigens auch unmittelbar nach Bekanntwerden der Geldwäschevorwürfe gegen Tedeschi in Richtung des IOR-Chefs.
Aber nicht nur auf ihre Brüder im Glauben können sich die Finanzgenies des Vatikans verlassen – auch auf die Heiligen. Kaum hatte Sepe am vorvergangenen Sonntag die Reliquie des San Gennaro in die Hände genommen, als sich das gestockte Blut auch schon verflüssigte.
Sepe konnte triumphierend ein weißes Tuch schwenken und mit seiner Predigt beginnen. Dieses Jahr hatte er ein besonderes Thema gewählt: Er sprach über die Mafia.
Dienstag, 28. September 2010
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