Samstag, 25. September 2010
Kohelet
Unglauben und Pessimismus hat man dem Buch Kohelet nachgesagt; aber auch das ist „Windhauch“. Alles vergeht, und doch gibt es Größe und Schönheit in der Welt und im Menschenleben. Der Mensch soll dafür ein offenes Auge und ein offenes Herz haben. Er soll wissen, dass alles von Gott herkommt und zu ihm zurückkehrt. Was ist das für ein Gott? Kein anderer als der Gott Israels, der Gott der Geschichte. Aber Kohelet und seine Zeit (3. Jh. v. Chr.) haben begriffen, dass Jahwe nicht nur der Gott Israels ist. Und heute sollen auch wir Christen lernen, wie fragwürdig es ist, Gott mit einem Namen, einem Bild, einer Vorstellung einfachhin gleichzusetzen. Gott ist größer. Und nur der größere Gott lebt; der kleine Gott, den wir uns gern zurechtmachen, ist „nur ein Windhauch“
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1 Kommentar:
Das Buch ist über weite Passagen von tiefem Pessimismus oder sogar echtem Nihilismus geprägt. Der Autor fungiert in den beiden ersten Kapiteln als Prototyp des nach Weisheit suchenden Menschen, der an die Grenzen seiner Weisheit stößt. Alle irdischen Genüsse führen letztlich nur zur Leere. Die Nichtigkeit allen Seins wird durch das Leitwort „Windhauch“ (הבל steht sonst für „Hauch“, „Dampf“ oder „Atem“) gekennzeichnet, das im Text insgesamt 38 mal metaphorisch verwandt wird und ihn in 1,2 und 12,8 rahmt. Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch (1,2 EU). Das Wort ist schon immer im Sinn von „Vergänglichkeit“, „Flüchtigkeit“, „Unbeständigkeit“, „Vergeblichkeit“ aufgefasst worden - zusammengefasst im Begriff der vanitas, die in der Übersetzung der Vulgata, entsprechend dem hebräischen Urtext, zu dem tautologischen vanitas vanitatum et omnia vanitas gesteigert ist.
Das Werk bereitet den Exegeten weiterhin große Probleme. Nicht nur sein Aufbau ist umstritten, sondern selbst über seine Einheitlichkeit ist man geteilter Meinung. Im Zentrum steht jedenfalls die Frage nach dem menschlichen Glück, aber während eine Richtung der Forschung eine tief pessimistische Grundhaltung herausarbeitet, bis hin zum Nihilismus und einer „Philosophie des Absurden“, wird von anderen die Überwindung dieser Geisteshaltung betont. Die das Buch umspannende Aussage muss im Zusammenhang mit Kohelets Absicht verstanden werden, eine sinnvolle Lebensführung zu finden. Gleichzeitig ist es notwendig, das Buch als Teil der Weisheitsliteratur seiner Zeit zu sehen. Kohelet kommt zu der Erkenntnis, dass der Tod letztendlich jede Errungenschaft des Lebens auslösche. Daher empfiehlt er, das Leben zu nutzen, und jeden Tag als einzigartig zu genießen, da die Zukunft ungewiss sei. Diese Einstellung ist weniger pessimistisch, sie hat Anklänge an die Lehren der Epikureer.
Kohelet ist das Buch des Alten Testaments mit den stärksten Affinitäten zur Philosophie. Mit seinem philosophisch orientierten Denkansatz bildet es innerhalb der alttestamentlichen Theologie einen Kontrapunkt gegenüber einer einseitig offenbarungspositivistisch orientierten Theologie. Kohelet weist zudem sämtliche Theologien zurück, die das menschliche Glück ins Jenseits verlegen: Keine Entwertung des Diesseits zu Gunsten des Jenseits.
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